Heute abend, nachdem die Docker-Container endlich deployed waren, dann die Meldung: NVIDIA hat Newton Physics Engine und Isaac GR00T released. Nach Jahren von übertriebenen Robotics-Versprechen bin ich erstmal skeptisch. Aber mal schauen was dran ist.
Newton Physics Engine - funktioniert diesmal wirklich?
Jeder der mal mit Robotics gearbeitet hat kennt das Problem: Physics Engines funktionieren nur in ihrer perfekten Simulation. Wochenlang trainieren auf glatten Böden und optimaler Beleuchtung. Dann stellt man den Roboter in die echte Welt und er scheitert an einem Kieselstein.
Newton verspricht echte Physik-Simulation. Google DeepMind und Disney Research entwickeln mit, läuft auf NVIDIA Warp und OpenUSD. Soll komplexe Oberflächen simulieren - Schnee, Dreck, unebene Böden. ETH Zürich nutzt es bereits für ihre Robotics-Forschung. Die Isaac Sim Platform ist Open Source verfügbar und läuft auf der Omniverse Infrastruktur.
Vor einem Jahr habe ich einen Prototyp gesehen der an einem feuchten Blatt komplett gescheitert ist. Die Simulation hatte gesagt "easy", die Realität war ernüchternd. Newton soll genau solche Edge Cases besser vorhersagen können.
Isaac GR00T - Ein LLM das laufen kann
Isaac GR00T integriert NVIDIA Cosmos Reason - ein Vision Language Model das tatsächlich planen kann. Praktisch: "Mach Kaffee" führt zu einer Analyse der Küche, Aufräumen falls nötig, Bohnen suchen, Maschine bedienen.
Normale Roboter scheitern schon bei simplen Änderungen. "Gehe zu Punkt A, nimm Objekt B" funktioniert nur wenn A frei ist und B da liegt. Ansonsten: Error, Neustart, manuelle Intervention.
Isaac GR00T soll echtes Situationsverständnis haben. Steht aktuell Platz 1 auf der Physical Reasoning Leaderboard bei Hugging Face. Cosmos Reason wurde über eine Million Mal runtergeladen. Das deutet auf echte Fortschritte hin.
Deutsche Realität: Strom kostet, Compliance nervt
NVIDIA verkauft natürlich auch die Hardware dazu:
- GB200 NVL72: 36 CPUs + 72 GPUs pro Rack
- RTX PRO Server für kleinere Setups
- Jetson Thor für Edge Computing
Problem in Deutschland: Stromkosten. GB200 Racks fressen massiv Strom - in Deutschland wirds teuer. Dazu EU AI Act Compliance für alle Sensordaten und GDPR-konforme Datenspeicherung.
Während US-Firmen mit billigem Strom rechnen können, müssen deutsche Robotics-Startups erstmal schauen ob sich das überhaupt rechnet.
Was das für deutsche Firmen bedeutet
Boston Dynamics nutzt bereits den NVIDIA Stack für Atlas. Franka Robotics aus München evaluiert Isaac GR00T gerade, Neura Robotics aus Augsburg auch. Alle fragen sich: ist das endlich der Durchbruch?
NVIDIA macht es schlau: Newton ist Open Source unter der Linux Foundation. Kein direkter Vendor Lock-in, aber optimal läuft es natürlich nur auf NVIDIA Hardware. Klassische Strategie.
Die Physical AI Datasets werden massiv heruntergeladen. Open Source bedeutet aber auch: jeder hat Zugang zu den gleichen Tools. Robotics-Startups haben keine Secret Sauce mehr, nur bessere Implementierung entscheidet.
Was noch nicht funktioniert
Der Simulation-to-Reality Gap ist kleiner geworden, aber nicht verschwunden. Dexterous Grasping in Isaac Lab 2.3 funktioniert prima in kontrollierten Testumgebungen. Echter Haushalts-Chaos mit Krimskrams überall ist eine andere Liga.
Agent Drift bleibt problematisch. Roboter startet mit Task A, macht erstmal was er soll, dann entwickelt er "kreative" Eigeninterpretationen. Hab neulich einen Aufräum-Bot gesehen der alles einfach in eine Ecke geschmissen hat - technisch korrekt laut Algorithm, praktisch völlig unbrauchbar. GPT-4 hat den Buffer-Overflow im Edge Case übersehen, keine Ahnung warum.
NVIDIA hat Emergency-Stop APIs implementiert, aber das behandelt nur Symptome. Wenn der Agent bereits abgedriftet ist, ist meist schon Schaden entstanden.
Isaac Lab lohnt trotzdem einen Blick. Die Robotics-Community testet es gerade intensiv. Wenn echte Fortschritte kommen, merkt man es schnell an den Foren und Repos.